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Ohne Abmahnung keine fristlose (Eigen-)Kündigung

Auch eine fristlose Eigenkündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) wegen Vertragsverletzung des Arbeitgebers setzt in aller Regel dessen vorherige vergebliche Abmahnung voraus. Das ergibt sich aus § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Abmahnung ist selbst bei monatelanger Heranziehung zu Überstunden in einem Umfang, der die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes überschreitet, nicht ohne weiteres entbehrlich.
Das hat das Arbeitsgericht Berlin 2013 entschieden.
(ArbG Berlin 4.1.2013, 28 Ca 16836/12)

Arbeitnehmer müssen Zeugnis im Betrieb abholen

Arbeitgeber sind in aller Regel nicht verpflichtet, einem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeugnis zuzuschicken. Insoweit liegt vielmehr grds. eine Holschuld vor. Wenn ein Arbeitnehmer ohne vorherigen Abholversuch ein Zeugnis einklagt, hat er daher ggf. die Kosten des erledigten Rechtsstreits zu tragen. Etwas anderes gilt nur, wenn es ihm aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise unzumutbar ist, das Zeugnis im Betrieb abzuholen. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 06.02.2013 entschieden (Az. 10 Ta 31/13).

Lehrer bekommen Kosten für Schulbücher erstattet

Lehrkräfte müssen in der Regel die Kosten für Lehrbücher nicht selbst tragen. Dieses obliegt dem Arbeitgeber, das jeweilige Bundesland, das Land hat die notwendigen Schulbücher bereitzustellen und die Kosten zu erstatten. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG PM Nr. 16 vom 12.3.2013). Lehrer können diese Kosten als Werbungskosten steuerlich geltend machen, jedoch sollten sie sich zuerst die Beschaffung vom Dienstherrn genehmigen lassen

Rechtsanwalt als Vertrauensperson im BEM-Verfahren

Das BEM-Verfahren dient der betrieblichen Wiedereingliederung der Arbeitnehmer bei oder nach langer Krankheit. Ist der Arbeitnehmer länger als sechs Wochen binnen einer Frist von zwölf Monaten arbeitsunfähig erkrankt, so ist ihm vom Arbeitgeber gem. § 167 Abs. 2 SGB IX ein solches Verfahren anzubieten. Beteiligt werden am BEM-Verfahren obligatorisch die zuständigen Interessenvertretungen, also Personal- oder Betriebsrat sowie bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Schwerbehindertenvertretung oder das Integrationsamt. Ziel des BEM ist es, die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit zu finden, zu besprechen und letztendlich durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen, um so die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers wiederherzustellen und möglichst dauerhaft zu sichern.

Seit Juni 2021 ist in § 167 Abs. 2 SGB IX eine Neuregelung fixiert worden. Nunmehr hat der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf, eine Vertrauensperson seiner Wahl zum BEM-Verfahren mitzubringen. Das kann auch ein Rechtsanwalt sein.

Die wichtigste Aufgabe der Vertrauensperson ist es, auf die Einhaltung der Protokollpflicht des Arbeitgebers zu achten. Oder anzuregen, dass im BEM-Verfahren ein Wiedereinstieg im Hamburger Modell gem. §§ 74, 44 SGB V vereinbart wird. Grundlage des Hamburger Modells ist die ärztliche Feststellung über Art und Umfang der vom erkrankten Arbeitnehmer schon wieder möglichen Leistungen. Gegebenenfalls ist die Stellungnahme des Betriebsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) einzuholen. Bedeutung hat die Begleitung durch einen Rechtsanwalt auch deshalb, weil bei langer Krankheit des Arbeitnehmers eine krankheitsbedingte Kündigung droht. Das BEM-Verfahren soll den Erhalt des Arbeitsplatzes sichern.

Von besonderer Bedeutung ist der neue Rechtsanspruch dann, wenn die Krankheitsursachen in einem gesundheitsschädlichen Arbeitsplatz oder einem Arbeitsplatzkonflikt zu suchen ist. Bei Verdacht auf Mobbing am Arbeitsplatz ist der Beistand des Anwaltes im BEM-Verfahren von besonderer Bedeutung. Denn hier besteht die Gefahr, dass das BEM-Verfahren absichtlich nicht regelgerecht durchgeführt wird. Beispielsweise wird dann das BEM-Protokoll bewusst vorenthalten oder es gibt nicht den Inhalt des im Gespräch Vereinbarten wieder. Auch die Umsetzung der in Gespräch und Protokoll getroffenen Vereinbarungen kann der Anwalt als Vertrauensperson begleitend überwachen. Sofern dem Arbeitnehmer wegen seiner langen Erkrankung gekündigt wird, ist das BEM-Verfahren im Kündigungsschutzprozess von Bedeutung.

Klage gegen Internetanbieter am Wohnort des Nutzers

Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts in einem Rechtstreit zwischen einem Kunden und einem Internet- und Telefonanbieter wegen unterlassener Beseitigung von Mängeln (hier: Totalausfall) kann sich aus dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO ergeben und begründet die Zuständigkeit des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Wohnung des Kunden liegt.

Der Kunde hatte gegen den Anbieter Ansprüche auf Rückzahlung der monatlichen Gebühren, auf Zahlung von Kosten für Mehraufwendungen wegen der Inanspruchnahme von mobilen Datenvolumen anderer Internetanbieter und pauschalen Schadensersatz wegen Nichterbringung von Leistungen geltend gemacht.

Der Anbieter hatte mit viel Aufwand darzulegen versucht, dass allein das am Standort des Anbieters ansässige Amtsgericht örtlich zuständig ist.

„…Indes greift hier ein besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO und begründet die Zuständigkeit des AG Wedding, an welches der Kläger Verweisung beantragt. Das Gericht sieht die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen (Telefon und Internetzugang) in ihrer Bedeutung und Funktion vorrangig mit Energie- und Wasserlieferungen vergleichbar, bei denen der Ort der Abnahme der Ort der Erfüllung der Hauptpflichten des Telekommunikationsdienstleisters und auch der Ort wesentlicher Nebenpflichten des Abnehmers (z.B aus dem TKG) ist. Dies rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts die Annahme eines gemeinsamen Leistungsortes. …“

AG Mitte, Beschluss vom 14.02.2019, Az. 28 C 146/18


Mehr Rente für ehemalige Volkspolizisten bzw. mehr Witwenrente

Nach neueren Urteilen mehrerer Sozialgerichte können viele ehemalige Volkspolizisten eine Erhöhung ihrer Renten erwarten. Für die Beschäftigten der Volkspolizei der DDR sei demnach das gezahlte Verpflegungs- und Bekleidungsgeld, sowie weitere Zuschläge und Prämien als Arbeitsentgelt auf die Rente anzurechnen. Das könnte bis zu 100 Euro mehr Rente pro Monat ausmachen.

Viele der ehemaligen Mitarbeiter der Sonderversorgungssysteme Nationale Volksarmee der DDR, der Polizei und des Zoll beanspruchen neben den realen Verdiensten noch weitere zusätzliche Einkünfte zur Anerkennung für die Rente.
Diese zusätzlichen Einkünfte sind: Bekleidungsgeld, Wohngeld, Verpflegungsgeld und Reinigungszuschuss, die diesen Mitarbeitern unter verschiedenen Gründen neben dem monatlichen Sold bezahlt wurden.
Verpflegungsgeld ist Arbeitsentgelt im Sinne des § 8 AAÜG, so das LSG Berlin-Brandenburg. Die neuerliche Entscheidung beruht auf der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 23.08.2007, (Az. B 4 RS 4/06 R). Das Verpflegungsgeld ist Arbeitseinkommen. Dieser Verdienst ist nach §§ 6 und 5 AAÜG und § 256 a SGB VI als Pflichtbeitragszeit der Rente des Klägers zuzuordnen. Der Begriff des Arbeitsentgeltes ist nach § 14 SGB IV zu bestimmen und nicht nach DDR-Recht.
Nach § 14 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Das Verpflegungsgeld ist eine laufende Einnahme aus einer Beschäftigung. Arbeitsentgelt ist nach der Rechtsprechung des BSG alle im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielten Einnahmen, nicht aber Sozialleistungen wie das Krankengeld der DDR (Az. B 4 RA 41/99 R). Es reicht aus, dass ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung und der Arbeit besteht (BSG Urt. v. 29.01.2004, B 4 RA 19/03 R).

Wer in einem Sonder¬versorgungs¬system der DDR gearbeitet hat, sollte deshalb überprüfen, ob er Ansprüche auf Wohnungs¬-, Verpflegungs-, Reinigungs-, Bekleidungs¬geld usw. hat. Diese zusätzlichen Einkünfte können zu einer Rentenerhöhung und Nachzahlung für eventuell 4 Jahre führen. Aufgrund der neuen Urteile der Sozialgerichte besteht gute Hoffnung, dass der Versorgungs¬träger diese Ansprüche anerkennt.
Anmerkung: Gleiches gilt auch für die Witwenrente!

Bei Neubauten: Keine grenzüberschreitende Wärmedämmung

Wer sein Haus direkt an die Grundstücksgrenze baut, sollte von vornherein ausreichend Platz für die Wärmedämmung einkalkulieren, denn die Pflicht der Nachbarn, eine grenzüberschreitende Wärmedämmung zu dulden, gilt nicht für Neubauten.

Grundstückseigentümer müssen es nicht nach § 16a Abs. 1 NachbG Berlin dulden, dass Nachbarn eine Wärmedämmung anbauen, welche die Grundstücksgrenze überschreitet, wenn der Nachbar damit erstmals die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt. So entschied der BGH am 02. Juni 2017 (Urt. v. 02.06.2017, Az. V ZR 196/16).
Zu entscheiden war ein Berliner Fall. In Köpenick stritten sich seit Jahren Nachbarn, weil die nachträglich angebrachte Dämmschicht an der Seitenwand eines Mehrfamilienhauses ein paar Zentimeter über die Grundstücksgrenze ragt. Die Eigentümergesellschaft will die Wand noch verputzen und streichen, der Nachbar akzeptierte aber keinen Millimeter mehr – zu Recht.

Bauherren müssen die Wärmedämmung aufs eigene Grundstück bauen.
Neubauten sind so zu planen, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet – so der BGH.
Nach § 16a Abs. 1 NachbG Berlin sind Grundstückseigentümer verpflichtet, zugunsten des Klimaschutzes das Dämmen bestehender Nachbargebäude zu dulden. Der BGH betont aber den Zweck des Gesetzes: Der Gesetzgeber habe Grundstückseigentümern nicht generell gestatten wollen, eine Wärmedämmung grenzüberschreitend, also im Wege des Überbaus, anzubringen. Die nachbarliche Duldungspflicht sei nur für Bestandsbauten, also Altbauten eingeführt worden, bei denen der Nachbar sich nachträglich weigere oder horrende Gegenforderungen stelle. Bei Neubauten hingegen könne man vorsorgen und den Wärmeschutzanforderungen durch eine entsprechende Planung Rechnung tragen.
Im zu entscheidenden Fall hatte der Bauherr diese Vorgaben nicht beachtet, obwohl die Energieeinsparverordnung (EnEV) 2001 vom 16. November 2001 bei der Errichtung des Gebäudes in den Jahren 2004/2005 bereits in Kraft war und das ungedämmte Mehrfamilienhaus unmittelbar an die Grenze zum Grundstück des Beklagten gebaut.

2 Verträge, ein Unterschied

Die beiden Vertragsarten des Kauf- und Werkvertrages sind vom Namen her wohl jedem bekannt. Dabei gibt es bei beiden viele Gemeinsamkeiten aber auch einige wichtige Unterschiede, v.a. im Gewährleistungsrecht. Wie diese Vertragsarten abzugrenzen sind können sie HIER nachlesen. Anhand eines kleinen Beispiels soll hier ein wesentlicher Unterschied aufgezeigt werden:
Herr A geht in ein Möbelgeschäft und kauft sich eine Schrankwand. Da er allerdings zwei linke Hände hat, vereinbart er mit dem Geschäft, dass dieses ihm die Schrankwand nach Hause liefern und dort auch aufbauen soll. Als sich nach der Montage jedoch Mängel am neuen Möbelstück zeigen, die von einer fehlerhaften Konstruktion herrühren, ist Herr A sauer. Er setzt dem Geschäft eine Frist und lässt die Schrankwand danach von einem Handwerker reparieren. Nun möchte er vom Möbelgeschäft Ersatz der Kosten hierfür haben.
Vorweg sei gesagt, dass die hier gemachten Ausführungen sehr abstrakt sind und es keine All-zweckantwort gibt in der Juristerei. Der berühmte Satz „Es kommt drauf an“ sei hier erwähnt.
Grundsätzlich lässt sich aber hier folgendes ausführen: Ist die Kaufsache mangelhaft bei der Übergabe, hat der Käufer einen Nacherfüllungsanspruch. Er kann sich aussuchen ob die Sache vom Verkäufer repariert wird oder ob ihm eine neue geliefert werden muss. Setzt er dem Verkäufer hierfür eine Frist und läuft diese fruchtlos ab, kann er vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz verlangen. Letzteres setzt allerdings voraus, dass der Verkäufer den Mangel auch „zu vertreten hat“. Mit anderen Worten: „Er muss etwas dafür können“. Dies wird nach der gesetzlichen Regelung zwar vermutet, jedoch wird sich ein Verkäufer in den meisten Fällen bei Konstruktionsfehlern entlasten können, sodass Herr A in unserem Beispielsfall auf seinen Reparaturkosten sitzen bleibt. Anmerkung: Herr A hätte hier auf Reparatur bzw. Neulieferung klagen müssen!

Herr B hat ebenfalls Lust auf eine neue Schrankwand. Er möchte allerdings kein „0815“-Regal von der Stange sondern eine Spezialanfertigung, weshalb er zu einem Handwerker geht, der ihm nach Maß eine Schrankwand anfertigt, die auch noch individuell an sein Wohnzimmer angepasst ist. Die Schrankwand wird im Wohnzimmer des Herrn B vom Handwerker aufgebaut. Allerdings hat auch Herr B kein Glück: Auch seine Schrankwand ist mangelhaft. Auch Herr B setzt eine Frist die fruchtlos abläuft und auch B geht zu einem anderen Handwerker um es reparieren zu lassen und verlangt nun vom ersten Handwerker die Kosten hierfür. Bei Herrn B handelt es sich aber um einen Werkvertrag. Auch hier hat der Besteller einen Nacherfüllungsanspruch allerdings findet sich hier bereits ein entscheidender Unterschied zum Kaufrecht: Während im Kaufrecht der Käufer entscheiden kann ob er eine neue Sache bekommt oder ob die ihm übergebene repariert wird, kann im Werkvertragsrecht der Unternehmer dies entscheiden! Hier hätte also der Handwerker die Wahl gehabt ob er dem Herrn B eine ganz neue Schrankwand baut oder aber „nur“ die Mängel beseitigt. Aber der noch viel entscheidendere Unterschied ist das sog. Recht zur Selbstvornahme. Im Werkvertragsrecht kann der Besteller nach erfolglosem Ablauf der von ihm gesetzten Frist zur Nacherfüllung auch selbst (bzw. durch einen Dritten) den Mangel beseitigen und Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen verlangen ohne, dass es auf ein Vertretenmüssen des Unternehmers ankäme! Herr B kriegt also vom Handwerker die Kosten erstattet.

Kurzes zur Abgrenzung von Werk-, Werklieferungs- und Kaufvertrag

Die Vertragsarten des Kaufvertrags (u.U. mit Montageverpflichtung), Werklieferungsvertrags und des Werkvertrags sind voneinander abzugrenzen. Bei allen verpflichtet sich der eine Teil dem anderen Vertragspartner einen geldwerten Gegenstand zu verschaffen wofür er wiederum als Gegenleistung die Zahlung einer Geldsumme erhält.
Insbesondere gilt es aufgrund der gesetzlichen Unterschiede im Gewährleistungsrecht die beiden erstgenannten Vertragsarten vom Werkvertag abzugrenzen. (vgl. hierzu folgenden Beitrag) Denn bei einem sog. Werklieferungsvertrag ist Kaufrecht anzuwenden, einschließlich der für den Verbraucher so günstigen Vorschriften zum Verbrauchsgüterkaufrecht. Neben den kaufrechtlichen Regeln sind dabei zusätzlich, bei sog. nicht vertretbaren Sachen (vgl. § 91 BGB), einige Vorschriften aus dem Werkvertragsrecht ergänzend anzuwenden.
Während es bei einem Kaufvertrag allein um die Übergabe und Übereignung von Sachen geht (und es dabei unerheblich ist ob der Kaufgegenstand bereits existiert), sind diese beim Werklieferungsvertrag erst noch zu erstellen und beim Werkvertrag ist schlicht die „Herbeiführung eines Erfolges“, welcher eben auch in der Herstellung einer Sache liegen kann, geschuldet. Jedoch kann man sich als Verkäufer auch dazu verpflichten den Kaufgegenstand (etwa ein Regal) auch zu montieren. Dabei handelt es sich in einem solchen Fall immer noch um einem Kaufvertrag (mit Montageverpflichtung), solange die Montage lediglich eine „Nebensache“ darstellt, mithin also der Schwerpunkt des Vertrages auf der Übergabe und Übereignung der Sache liegt. Bei Werklieferungsverträgen ist der Vertragsgegenstand vom Schuldner erst noch herzustellen und dann dem anderen Teil zu verschaffen. Da es somit letztlich auch hier v.a. um die Übergabe und Übereignung geht und es letztlich fast egal ist ob der Vertragsgegenstand vorher noch herzustellen ist, ist der Gedanke des Gesetzgebers gewesen auf beide Vertragsarten Kaufrecht anzuwenden, vgl. § 651 BGB. Ergänzend sind noch u.U. einige Vorschriften aus dem Werkvertragsrecht anzuwenden, wobei darauf hier einzugehen und die genaue Abgrenzung von Kaufvertrag (mit Montageverpflichtung) und Werklieferungsvertrag darzulegen (welche ohnehin nicht so bedeutsam ist aufgrund der jeweiligen Anwendung von Kaufrecht) den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde. Kurz gesagt: Kaufrecht ist auf sämtliche Verträge mit einer Verpflichtung zur Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen anzuwenden.
Viel wichtiger und auch schwieriger stellt sich die Abgrenzung zum Werkvertrag dar.
Ein Werklieferungsvertrag kann nur für die Herstellung beweglicher Sachen vereinbart werden und gilt somit nicht für Bauwerke. Verträge über die Errichtung von Bauwerken sind deshalb stets Werkverträge. Auch ist das Werklieferungsvertragsrecht nicht einschlägig für in einer Sache verkörperte geistige Leistungen also etwa die Erbringung einer Planung oder eines Gutachtens.
Letztlich geht es bei der Abgrenzung der Vertragsarten darum zu ermitteln worauf es den Vertragsparteien inhaltlich ankommt, was sie also schwerpunktmäßig beabsichtigt haben.
Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein, weshalb hier zur Verdeutlichung auf einige typische Fälle eingegangen wird.
Reparaturarbeiten wie etwa Instandhaltungs-, Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie ähnliche Veränderungen an bereits hergestellten Sache beurteilen sich grundsätzlich nach Werkvertragsrecht. Schon erwähnt wurde, dass geistige Leistungen, selbst wenn sie in einer beweglichen Sache verkörpert sind, nicht Werklieferungsvertragsrecht unterliegen, da der Schwerpunkt des Vertrages auf der Planungsleistung liegt.
Wenn neben der Lieferung (und etwaigen Herstellung) auch eine anschließende Montage geschuldet wird, ist wie bereits erwähnt danach zu fragen ob die Montage lediglich eine Nebenpflicht darstellt. In diese Überlegungen einzubeziehen sind v.a. die Art des zu liefernden Gegenstands sowie das Wertverhältnis von Lieferung und Montage. Regelmäßig dürfte ein Werklieferungsvertrag bzw. Kaufvertrag (mit Montageverpflichtung) vorliegen, wenn der Erwerber die Sache eigentlich selbst montieren könnte, der Ein- oder Aufbau also lediglich als gesonderte Serviceleistung angeboten wird. Als Beispiel sei hier etwa die Lieferung und der Aufbau einer Schrankwand zu erwähnen.
Wenn hingegen die Montageleistung selbst dem Vertrag das Gepräge gibt, handelt es sich um einen Werkvertrag. Beispielhaft sei die Bestellung einer maßgeschneiderten Einbauküche, die den besonderen räumlichen Verhältnissen im Haus des Bestellers angepasst ist, erwähnt.
Es ist mithin bei Verträgen, die die Lieferung und Montage von beweglichen Sachen zum Gegenstand haben danach zu fragen ob die Montageleistung das Gesamtbild des Vertrages prägt (dann Werkvertrag) oder ob die Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund steht (dann jedenfalls Kaufrecht anwendbar).
Da auch der Herstellung von zu liefernden beweglichen Sachen, also bei Werklieferungsverträgen, ggf. gewisse Planungs- bzw. Konstruktionsleistungen vorausgehen, ist auch hier danach zu fragen ob diese lediglich als Vorstufe zu der im Mittelpunkt des Vertrages stehenden Lieferung oder als Schwerpunkt des Vertrages anzusehen sind. Bestellt man sich etwa einen Computer oder ein serienmäßig hergestelltes Motorrad, welches daraufhin gebaut wird, wobei Sonderwünsche des Kunden berücksichtigt werden, ist in der Regel von einem Werklieferungsvertrag auszugehen, da es den Parteien trotz der Sonderwünsche nur um das fertige Produkt geht und die Anfertigung im Vorfeld als Nebensache zu beurteilen ist.

Die wesentlichen Aspekte hat der BGH bereits in einer Entscheidung im Jahr 2009 zusammengefasst: 1. Kaufrecht ist auf sämtliche Verträge mit einer Verpflichtung zur Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen anzuwenden. 2. Verträge, die allein die Lieferung von herzustellenden beweglichen Bau- oder Anlagenteilen zum Gegenstand haben, sind nach Maßgabe des § 651 BGB nach Kaufrecht zu beurteilen. Die Zweckbestimmung der Teile, in Bauwerke eingebaut zu werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. 3. Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn Gegenstand des Vertrags auch Planungsleistungen sind, die der Herstellung der Bau- und Anlagenteile vorauszugehen haben und nicht den Schwerpunkt des Vertrags bilden.