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Rechtsanwalt als Vertrauensperson im BEM-Verfahren

Das BEM-Verfahren dient der betrieblichen Wiedereingliederung der Arbeitnehmer bei oder nach langer Krankheit. Ist der Arbeitnehmer länger als sechs Wochen binnen einer Frist von zwölf Monaten arbeitsunfähig erkrankt, so ist ihm vom Arbeitgeber gem. § 167 Abs. 2 SGB IX ein solches Verfahren anzubieten. Beteiligt werden am BEM-Verfahren obligatorisch die zuständigen Interessenvertretungen, also Personal- oder Betriebsrat sowie bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Schwerbehindertenvertretung oder das Integrationsamt. Ziel des BEM ist es, die Ursachen der Arbeitsunfähigkeit zu finden, zu besprechen und letztendlich durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen, um so die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers wiederherzustellen und möglichst dauerhaft zu sichern.

Seit Juni 2021 ist in § 167 Abs. 2 SGB IX eine Neuregelung fixiert worden. Nunmehr hat der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf, eine Vertrauensperson seiner Wahl zum BEM-Verfahren mitzubringen. Das kann auch ein Rechtsanwalt sein.

Die wichtigste Aufgabe der Vertrauensperson ist es, auf die Einhaltung der Protokollpflicht des Arbeitgebers zu achten. Oder anzuregen, dass im BEM-Verfahren ein Wiedereinstieg im Hamburger Modell gem. §§ 74, 44 SGB V vereinbart wird. Grundlage des Hamburger Modells ist die ärztliche Feststellung über Art und Umfang der vom erkrankten Arbeitnehmer schon wieder möglichen Leistungen. Gegebenenfalls ist die Stellungnahme des Betriebsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) einzuholen. Bedeutung hat die Begleitung durch einen Rechtsanwalt auch deshalb, weil bei langer Krankheit des Arbeitnehmers eine krankheitsbedingte Kündigung droht. Das BEM-Verfahren soll den Erhalt des Arbeitsplatzes sichern.

Von besonderer Bedeutung ist der neue Rechtsanspruch dann, wenn die Krankheitsursachen in einem gesundheitsschädlichen Arbeitsplatz oder einem Arbeitsplatzkonflikt zu suchen ist. Bei Verdacht auf Mobbing am Arbeitsplatz ist der Beistand des Anwaltes im BEM-Verfahren von besonderer Bedeutung. Denn hier besteht die Gefahr, dass das BEM-Verfahren absichtlich nicht regelgerecht durchgeführt wird. Beispielsweise wird dann das BEM-Protokoll bewusst vorenthalten oder es gibt nicht den Inhalt des im Gespräch Vereinbarten wieder. Auch die Umsetzung der in Gespräch und Protokoll getroffenen Vereinbarungen kann der Anwalt als Vertrauensperson begleitend überwachen. Sofern dem Arbeitnehmer wegen seiner langen Erkrankung gekündigt wird, ist das BEM-Verfahren im Kündigungsschutzprozess von Bedeutung.